Verkaufsstart des neuen Deutschlandtickets - Städte und Kreise im Rheinland kämpfen mit ausufernden ÖPNV-Kosten

Verkaufsstart des neuen Deutschlandtickets - Städte und Kreise im Rheinland kämpfen mit ausufernden ÖPNV-Kosten

Am Montag, 3. April 2023, startet in Deutschland und somit auch in der Metropolregion Rheinland der Verkauf des neuen Deutschlandtickets für den ÖPNV zum Preis von zunächst 49 Euro pro Monat. Nach einer dreimonatigen Testphase eines deutschlandweit gültigen Nahverkehrstickets im Sommer 2022 („9-Euro-Ticket“) kamen Bund und Länder nach längeren Verhandlungen im Herbst und Winter 2022/2023 überein, das verbund- und länderübergreifende Ticketangebot grundsätzlich ab Mai 2023 fortführen zu wollen.

Auch für viele Menschen im Rheinland bedeutet das Deutschlandticket zukünftig eine erhebliche Erleichterung – weil Vereinfachung – in der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrsangebotes. So spielt es für ÖPNV-Nutzende im Rheinland mit dem Deutschlandticket zukünftig keine Rolle mehr, dass das Gebiet der Metropolregion in drei Verkehrs- und Tarifverbünde unterteilt ist – den Aachener Verkehrsverbund in der Region Aachen, den Verkehrsverbund Rhein-Sieg im südlichen Rheinland und den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr im nördlichen Rheinland.

Gleichzeitig wachsen die finanziellen Belastungen für die ÖPNV-Aufgabenträger in den letzten Jahren massiv an; dies sind in der Regel die Kreise und kreisfreien Städte, aber vereinzelt auch kreisangehörige Städte mit eigenem Stadtbus-System.

Düsseldorfs Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller, Vorstandsvorsitzender der Metropolregion Rheinland: „Das Deutschlandticket lichtet den seit Jahren gewachsenen Tarif-Dschungel im ÖPNV signifikant und ist daher für viele Menschen eine sehr begrüßenswerte neue Möglichkeit, klimafreundlich im Rheinland und darüber hinaus mobil zu sein. Gleichzeitig löst das Ticket aber nicht die strukturellen Finanzierungsprobleme des ÖPNVs, denen die Städte und Kreise in den letzten Jahren immer stärker zunehmend gegenüberstehen.“

Ein Beispiel aus der Metropolregion Rheinland zeigt die Kostenexplosion sehr deutlich. Im Kreis Euskirchen haben sich die Aufwendungen der Kommunen für den ÖPNV seit 2019 mehr als verdoppelt und summieren sich nun auf rund 14 Millionen Euro. Geld, das an anderen Stellen bzw. für andere kommunale Aufgaben fehlt.

Auch die kreisfreie Stadt Solingen im Bergischen Land steht vor ähnlichen Problemen. Andreas Budde, technischer Beigeordneter der Stadt und Arbeitskreisleiter Verkehr und Infrastruktur in der Metropolregion Rheinland, schildert die Problematik: „In Solingen ist es in diesem Jahr erstmalig notwendig, Haushaltsmittel zum Defizitausgleich heranzuziehen, weil die Querfinanzierung mit den Stadtwerken nicht mehr ausgereicht hat. Für die Stadt Solingen ist also bereits jetzt die finanzielle Belastung aufgrund der Energiekrise, von Inflationseffekten und starken Kostensteigerungen sowie rückläufigen Fahrgastzahlen durch die Corona-Pandemie kaum noch tragbar. Zusätzliche Risiken, die sich durch die Einführung des Deutschlandtickets ergeben könnten, wären nicht mehr aufzufangen.“

Das Hauptrisiko mit der Einführung des Deutschlandtickets sehen die ÖPNV-Aufgabenträger in mittel- und langfristigen Minder-Einnahmen im Vergleich zur Zeit vor dem Deutschlandticket, deren Ausgleich von Seiten des Landes bzw. Bundes noch nicht zugesagt wurde.

Die Städte und Kreise im Rheinland brauchen daher vom Land NRW bzw. dem Bund mehr finanzielle Unterstützung für die langfristige Finanzierung der kommunalen ÖPNV-Systeme.

Dr. Stephan Keller: „Hier ist vor allem auch das Land NRW gefordert. Die benannten Beispiele aus der Metropolregion zeigen dies sehr deutlich und auch in Düsseldorf zeichnet sich ein ähnliches Bild: Zwischen 2019 und 2022 stieg das operative negative Ergebnis von -80,2 Mio. € in 2019 auf voraussichtliche -106,9 Mio. € in 2022 an; dies entspricht einem prozentualen Zuwachs von 33,3%. Die kommunalen ÖPNV-Aufgabenträger brauchen daher dauerhaft mehr finanzielle Unterstützung und dürfen mit dieser Aufgabe nicht allein gelassen werden. Keiner will in Zeiten der Klimakrise erleben, dass bestehende Bus- und Bahnleistungen aufgrund von immer weiter steigender Unterfinanzierung zukünftig ausgedünnt werden müssen. Bei der aktuellen Kostenentwicklung droht dies aber und zwar schon recht bald.“